vor gaaanz vielen Jahren erzählte ich meinem sehr guten Freund Jorgen, daß ich mir mal einen weiteren Plattenspieler bauen wollte, mir fehlte aber etwas Grundmaterial wie Tellerlager etc.
Wenige Wochen später brachte er bei einem Besuch ein Geschenk mit, welches sich als ein verhunzter Thorens TD160 entpuppte. Der Motor sei defekt, so berichtete er mir, er drehe nicht mehr an, der Tonarm schwergängig, das Kabel hätte einen Wackelkontakt. Der Vorbesitzer hatte in einem Anfall stilistischer Scheusslichkeit die furnierte Holzzarge mit silbernem Lack malträtiert. Ob ich was damit anfangen könne, schliesslich sei ja immerhin ein Tellerlager dran.
Die Leiche hatte ich seinerzeit gefleddert, den Tonarm abgebaut und gut verpackt weggelegt, den Teller und Riemen abgenommen und den Rest weggepackt.
Vor einiger Zeit habe ich dann begonnen, den Motor zu untersuchen. Zwischenzeitlich hatte ich mich von einem Neubau verabschiedet und mich für eine Überholung des Schätzchens entschieden. Es ist ein Zweiphasensynchronmotor mit einem Kondensator als Phasenschieber. Der Motor kann an 110V oder 220V 50Hz betrieben werden und wird in diversen Thorens der Baujahre verwendet. Wie berichtet drehte er nicht an sondern brummte nur etwas. Nach Untersuchung hatte nur eine Phase Durchgang, die andere war hochohmig. Der Motor ist vernietet, Ersatzmotoren selten und relativ teuer. Also habe ich die Nieten ausgebohrt, denn was defekt ist kann man ja nicht kaputtmachen. Danach können die Gehäusehälften voneinander getrennt werden. Das Innenleben besteht aus 2 Paaren Polschuhen, 2 Wicklungen auf je einem Kunststoffwickelkörper und einem Rotor. Die Wicklung ist mit einem Klebeband gesichert, der Anschluß der Wicklungen erfolgt über im Kunststoffkörper eingesetzte Lötösen. Nach Abwickeln des Klebebandes konnte ich recht schnell erkennen, daß ein Draht am Anfang der Spule unterbrochen war. Ich habe dann etwa drei Windungen abgewickelt und das Ende neu angelötet. Danach hatte die Wicklung wieder Durchgang. Klebeband wieder aufgewickelt und den Motor zusammengebaut. Dazu habe ich die ursprünglichen Nietbolzen am ausgebohrten Ende plangedreht. Dann umgespannt, vom Ende mit dem M3-Sackgewinde das Loch durchgebohrt und mit dem M3-Gewindeschneider das Gewinde durchgeschnitten. Das passte mit einem Maschinengewindebohrer gerade so in der Länge.
Dann die Gewindehülsen mit M3-Schrauben am Motor befestigt und den den Motor getestet: Er dreht an! Nach dem Erfolg habe ich im Internet noch ein paar Bilder gefunden, wo das gleiche Problem repariert wurde: http://www.theanalogdept.com/bogdans_motor.htm
Dann kam das Hauptchassis an die Reihe. Überall an den Kanten und Ecken silberne Farbe auf dem eloxierten Alu. Ausserdem diverse Kleberrest von einem Lencoclean oder einem Mitlaufbesen. Die Kleberreste habe ich mit Essigsäureethylester eingeweicht, danch liessen sie sich abrubbeln. Dem Lack kommt man so nicht bei, hier half nur der intensive Einsatz meiner Fingernägel, eines Radiergummis und eines Glasfaserpinsels, um die Reste loszuwerden ohne sichtbaren Einfluß auf die Eloxalschicht zu nehmen.
Den Tonarm habe ich gereinigt und demontiert und festgestellt daß sich verhrztes Öl in den Lagern befand. Nach intensiver Reingung sind die Lager jetzt neu eingestellt und spielfrei sowie leichtgängig. Die Tonarminnenverkabelung schien in Ordnung zu sein, also habe ich sie belassen. Der Tonarmlift ist funktionsfähig aber etwas zu träge, da muß ich noch einmal nacharbeiten.
Die Zarge habe ich gleich gedanklich entsorgt und nur zu Montagearbeiten genutzt, ein Arbeitskolle erbot sich eine neue in seiner Werkstatt zu fertigen. Derart gut versorgt habe ich Ausfräsungen in der Rückseite für eine Netzbuchse und für ein Anschlußboard "bestellt". Die Zarge ist aus Nußbaumvollholz, die Kanten an Ober- und Unterseite mit einem Radienfräser abgerundet, die Aussparungen in der Rückseite eingefräst und das ganze mit Buchenecken verleimt. Die Bodenplatte ist eingelassen und mit metallisierten Kunststofffüssen versehen, hier werde ich ggf. mir noch Alufüsse drehen. Das Holz wurde dann mit Hartwachs behandelt. Als Netzbuchse habe ich eine normale Doppelnutbuchse verwendet, die ursprüngliche zweiadrige Netzleitung habe ich gekürzt, angelötet und mit Schrumpfschlauch isoliert. Statt der fest angelöteten Anschlußkabel mit Cinch-Stecker habe ich mir eine Platte aus 1mm CFK gefräst und 2 vergoldete Cinchbuchen sowie eine blanke Bananenbuchse für die Erdung eingesetzt.
Restarbeiten:
- Montagebohrungen in den Buchenecken vorbohren, ggf. Einschraubmuttern einsetzen, Chassis in Zarge festschrauben
- Netzbuchse und Cinchboard mit neuen Messingschrauben festschrauben, Schraubenglanz mit Zaponlack sichern
- Headshell entlacken und neu lackieren, neues System montieren
- Feststellschraube am Gegengewicht entrosten
- Rand des Aussentellers polieren
- Subchassis justieren
Das Ganze ich noch unfertig, aber ich habe mal die ersten Bilder davon gemacht (darunter steht mein TD 320):
Letztes Jahr ist Jorgen am 04.10. für immer von uns gegangen, sehr schade daß er nicht mehr gesehen hat wie die einstige Ruine jetzt wieder beginnt zu strahlen.