Weiter ging es an der nun wieder ausgebauten Schaltungsplatte. Glücklicherweise hat sich die 34seitige Serviceunterlage angefunden, die Siemens eigens für die Schaltungsplatte „L“ zur Verfügung gestellt hatte. Vielen Dank für die Digitalisierung des Dokuments, ohne das die Reparatur chancenlos wäre. (Schaltungsplatte für Telegrafenwähl- und Handvermittlungsbetrieb mit Lokalschreibkreis und Papierend- und Störungssignal“, 1956)
Mit Hilfe der Serviceunterlage ließ sich nun endgültig die
Funktion der Papierkontakte nachweisen:
Papiervoralarm, wenn Vorrat noch für ca. 15 min reicht: roter Hebel löst aus, Signalmarkierung an Schublade sichtbar, Kontakt ‚PV’ geschlossen -> externe Signaleinrichtung über Steckerkontakte 1a (+60 V) und 1b (-60 V) spricht an.
Papierhauptalarm bei Riss, Verklemmung oder Vorratserschöpfung: Kontakt ‚PA’ wird geöffnet, wodurch über eine Relaisschaltung eine bestehende Fernschreibverbindung aufgelöst und anrufenden Teilnehmern der Anschluss als ‚besetzt’ gemeldet wird.
Auch hier gleiches Signal über Steckerkontakte 1a und 1b.
Lokalbetrieb funktioniert weiterhin.
Das trifft für die Schaltungsplatte ‚9 FS Str 2221/1 III zu’.
Siemens bot damals das Anruf- und Papiersignalgerät ‚9 FS Str 3214/24’ an, für das die Schaltungsplatte auf Version ‚9 FS Str 2224/10’ umgebaut werden musste.
Genau dieser
Umbau wurde bei meiner Schaltungsplatte laut Plakette in Elmshorn vorgenommen. Daher muss zum ursprünglichen Schaltbild auch der Umbau bei der Durchprüfung berücksichtigt werden, was die Sache etwas komplizierter macht. Glücklicherweise ist auch der Umbau in der Serviceunterlage erläutert.
Die Verbindungen am Netzfilter Fe1 hatte ich mir als erstes angesehen. Zu sehen ist, dass hier bereits mehrfach dran gelötet wurde, wodurch Drähte beschnitten und die brüchige Isolation stark gelitten hat. Auch netzspannungsführende Drähte sind hier dabei. Das konnte man nicht so lassen – dazu später mehr, Fe1 wurde erst mal ausgelötet und herausgenommen.
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Drähte wurden alle beschriftet wie vorgefunden. Ich vermute aber, dass hier nach dem Umbau in Elmshorn und Außerdienststellung später ein Bastler (Amateufunker?) am Werk war, da die Lötstellen sehr unsauber aussahen. An den Klingelkontakten war gar keine Ader mehr angelötet.
Vermutlich wurde der Gleichrichter im Hintergrund auch schon mal getauscht, da er von SEL ist und Siemens eher ein eigenes Produkt in seinen Maschinen verbaut hat. Schön zu sehen ist hier auch, wie der Pluspol über die Schraube als positive Masse (+60 V) auf das Chassis gelegt ist.
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Den Netzfilter Fe1 habe ich in allen Kontakten auf Durchgang und Masseschluss geprüft – alles ok. Aber beim Hineinsehen ist mir eine mechanische Beschädigung an einer Wicklung aufgefallen (Pfeil). Schmauchspuren oder Ruß sind nicht zu sehen, sodass es Überspannung wohl nicht die Ursache war. Die schadhafte Stelle habe ich mit Teslanol t7 Isolier- und Schutzlack eingesprüht, welcher angeblich bis 15 kV stabil sein soll.
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Dann wurden mit der Lupe alle Relaiskontakte geprüft, ob diese, je nach Ankerstellung, korrekt schließen bzw. öffnen. Im nächsten Schritt habe ich ich die Wicklungen sämtlicher Relais durchgemessen.
Eine der beiden Wicklungen des H-Relais (Motorschaltung) hatte keinen Durchgang – die Ursache fand sich auf der Unterseite eines Kontaktstiftes: durch eine mechnische Einwirkung war ein Teil vom Sockel abgebrochen und hatte dabei den haarfeinen Wicklungsdraht vom Kontaktstift abgerissen. Ein fieser Defekt…
Glücklicherweise hing noch ein Rest (Pfeil) aus der Spule heraus, gewissermaßen die letzte Chance.
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Aus einer Litze habe ich einen einzelnen dünnen Draht an den Kontakt gelötet…
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Diesen Drakt habe ich zu einer Öse gebogen und daran den Stummel, der noch aus der Spule schaute, angelötet. Normalerweise brauche ich keine Brille, aber da kommt man echt an die Grenzen der Leistungsfähigkeit von den Augen.
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Da die Maschine im Betrieb vibriert und der Draht dabei schwingen könnte, wäre ein Drahtbruch nicht auszuschließen. Daher habe ich die Flickstelle in einen Tropfen Klebstoff eingebettet. Vorher wurden die hergestellte Verbindung und die Wicklung natürlich noch auf Durchgang geprüft.
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Ich weiß nicht, ob eine unterbrochene Wicklung (von zwei) des H-Relais die Ursache war, dass keine Anrufe angenommen werden

. Statt die Schaltungsplatte zum Testen einzubauen, habe ich daran weitergearbeitet…
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